Auch beim Kipperkauf kommt der Konfiguration nach Maß eine immer höhere Bedeutung zu. Dabei geht es nicht um Spielereien, sondern um bauliche Besonderheiten, die für die Kunden zunehmend wichtiger werden. Denn nicht nur Fahrgestell, zulässiges Gesamtgewicht oder Ladevolumen müssen passen. Mindestens genauso bedeutsam sind spezielle Abmessungen und besondere Ausstattungsoptionen, die exakt auf die jeweiligen Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten werden müssen.
Mehr als nur Standard
Schließlich werden die Anforderungen in der Landwirtschaft immer spezieller. „Produkte von der Stange sind für unsere Kunden häufig die schlechtere Lösung“, weiß Bernd Schwartbeck, der zusammen mit seinem Vater Bernhard das Unternehmen Fortuna Fahrzeugbau in Ochtrup leitet. Der 32-jährige Diplom-Wirtschaftsingenieur (FH) repräsentiert bereits die dritte Generation des münsterländischen Familienunternehmens, das seit fast 70 Jahren Fahrzeuge baut. Das Fortuna-Leistungsspektrum ist sehr umfangreich und erstreckt sich vom Gewerbeanhänger mit Pritsche über Einachs-Viehtransporter bis hin zum Tridem-Muldenkipper. Jedes Jahr werden mehr als 450 kundenindividuell ausgelegte Transportanhänger für jeden Bedarf an Kunden aus Landwirtschaft, Garten- und Landschaftsbau sowie Tiefbau und Gewerbe ausgeliefert. „Bei fast allen Aufträgen kommen individuelle Anforderungen hinzu“, berichtet Bernd Schwartbeck, der als Industriemechaniker das Handwerk von der Pike auf gelernt hat. „Unsere Aufgabe ist es, die jeweils optimale Lösung für die speziellen Anforderungen zu finden“, sagt er, wohl wissend, dass solche Sonderwünsche nicht selten später in die Fertigung aufgenommen werden.
Deutsche Qualität
Produziert wird im Werk an der „Alten Maate“ übrigens ausschließlich auftragsbezogen. „Damit unterscheiden wir uns von zahlreichen Mitbewerbern, die insbesondere aus dem osteuropäischen Ausland auf den Markt drücken“, sagt Schwartbeck. Eine Serienproduktion ist für ihn schon allein aufgrund der vielfältigen Kundenanforderungen nicht möglich und kommt daher für den mittelständischen Fahrzeugbauer erst gar nicht in Frage. Denn schließlich soll der Kunde genau das Fahrzeug bekommen, das er haben will. „Wir bieten an, was konstruktiv und wirtschaftlich machbar ist. Unsere Kunden erwarten eine individuelle auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Komplettlösung und vertrauen auf unsere hohe Fertigungsqualität“, pflichtet Vertriebsleiter Udo Schimmelfeder bei.„Made in Germany“ ist für den Fahrzeugbauer daher ein wichtiger Grundsatz, der zum einen eine gleichbleibend hohe Produktqualität sicherstellen soll, zum anderen aber auch ein wichtiges Verkaufsargument für den Vertriebsleiter ist. Udo Schimmelfeder: „Der Stahlbau, die Lackierung und die Endmontage erfolgen komplett in Deutschland, nichts wird importiert. Daher halten wir ein umfangreiches Materiallager vor, das vom 6-Meter-Flachstahl bis zum Großformatblech reicht.“
Prototypen für die Industrie
Neben dem Fahrzeugbau für Landwirtschaft und Gewerbe ist die Umwelttechnik ein weiteres Standbein des Ochtruper Familienbetriebes, das die andere Hälfte zum Gesamtumsatz beisteuert. Fortuna kooperiert schon seit über 25 Jahren mit dem Recycling-Maschinenbauer Doppstadt beim Bau von mobilen Schredder- und Verwertungsanlagen. An einem zweiten Standort in Ochtrup, der insgesamt 2500 Quadratmeter Hallenfläche umfasst, werden für den Velberter Umwelttechnik-Spezialisten Industriefahrgestelle, Aufbauten und sogar Prototypen gefertigt. Bernd Schwartbeck: „Natürlich profitiert der Fahrzeugbau von den Synergieeffekten aus der Industrieproduktion.“ Damit meint Schwartbeck nicht nur die hohen Produktionsstandards,die zur Erfüllung der umfangreichen Qualitätsanforderungen erforderlich sind. Aufgrund der Partnerschaft mit Doppstadt wurde auch die Fertigungstiefe weiter ausgedehnt und zum Beispiel in einen Plasmaschneider und eine Kantbank investiert. „Alles, was mit Kanten oder Brennen von Blechen zu tun hat, machen wir selbst, so dass wir flexibel auf Kundenwünsche eingehen können“, so Schwartbeck. Unmittelbare Folge ist eine hohe Produktionsflexibilität, die sich von der kompletten Neukonstruktion bis hin zur individuellen Farbgebung erstreckt. Die wichtigsten Garanten für die hohe Produktqualität sind für Schwartbeck aber seine knapp 90 Mitarbeiter, von denen viele schon ihre Ausbildung bei Fortuna absolvierten. Unsere qualifizierten Facharbeiter und Ingenieure identifizieren sich mit unseren Produkten und arbeiten engagiert an jedem einzelnen Fahrzeug.“ Der junge Geschäftsführer, der in dem Wohnhaus der Unternehmerfamilie quasidirekt auf dem Betriebsgelände aufgewachsen ist, schätzt zudem das familiäre Umfeld der Firma, die durch kurze Entscheidungswege geprägt ist. „Nicht zuletzt diese schlanke Organisation ermöglicht, dass Fortuna schnell und flexibel auf veränderte Anforderungen am Markt und auf spezielle Kundenwünsche reagieren kann.“
Produktion kommt kaum nach
Jeden Werktag verlassen zwei bis drei Fahrzeuge die Fortuna-Werke. „Damit produzieren wir permanent an der Kapazitätsgrenze“, sagt Udo Schimmelfeder. Der Fortuna-Vertriebsleiter würde sich zwar persönlich einen zügigen weiteren Ausbau der Produktionskapazitäten wünschen. Er räumt aber selbst ein, dass das wohl dem Erfolgsrezept des Familienunternehmens widersprechen würde, das auf einer langsamen aber stetigen Weiterentwicklung basiert. Schimmelfeder: „Die Familie Schwartbeck ist sehr darauf bedacht, dass die Firma stets ein hohes Maß an Bonität aufweist. Diese nachhaltige Strategie sichert eine hohe Eigenkapitalquote und verhindert somit Abhängigkeiten. Und schließlich gibt ein hoher Auftragsbestand Sicherheit und liefert zuverlässigen Forecast für den Umsatz zukünftiger Quartale.“ Derzeit kommt Fortuna mit der Fahrzeugproduktion kaum nach. „Wir verkaufen das zwei- bis dreifache der Wochenproduktion“, berichtet Schimmelfeder, der die Fortuna-Handelspartner intensiv bei der Beratung der Endkunden unterstützt. Denn aus 25-jähriger Berufserfahrung weiß der Fahrzeugexperte, dass er nur im direkten Dialog mit den Kunden bei der Konfiguration des richtigen Fahrzeugs helfen und Nutzen und Funktionen der verschiedenen Ausstattungsoptionen ausreichend erläutern kann.
Mit Details punkten
„Wenn sich der Händler nicht täglich mit dem Produktkatalog befasst, fällt es ihm natürlich schwer, ein Fahrzeug so zusammenzustellen, dass es den Anforderungen des Kunden wirklich gerecht wird“, erklärt Schimmelfeder und ergänzt: „Was unsere Kipper so besonders macht, sind ihre speziellen, bedarfsabgestimmten Ausstattungsmerkmale.“ Das ist zum Beispiel die Verwendung von härterem Stahl für den Fahrzeugboden, der für einen geringen Aufpreis die Gefahr von Dellen und Beulen bei gleichem Gewicht enorm reduzieren soll. Genauso empfiehlt Schimmelfeder manch einem Kunden einen verschleißarmen kugelgelagerten Verschlussbolzen für die hydraulische Heckklappe. „Der kostet zwar ein paar Euros zusätzlich. Aber dadurch ist der Kipper auch noch nach vielen Einsatzjahren rapsdicht.“ Laut Schimmelfeder tragen solche Features auch um Werterhalt der Fahrzeuge bei. „Letztlich leben wir auch von den Kunden, die wir vor 20 Jahren beraten haben und die dann wiederkommen.“ Entscheidend sei für den Kunden schließlich nicht die Frage „Was hat mich das Produkt gekostet?“, sondern „Was hat mich das Produkt gekostet, wenn es den Hof wieder verlässt?“, weiß der erfahrene Vertriebsleiter, der im Übrigen großen Wert auf eine „zweckmäßige, ja fast spartanische Angebotserstellung“ legt. „Wir führen nur diejenigen Positionen auf, die der Kunde tatsächlich braucht.“
Viehanhänger sind gefragt
Bei der Beratung konzentriert er sich nicht nur auf hochpreisige Abschiebewagen oder Mulden, die zunehmend nachgefragt werden, sondern steht genauso dem Interessenten für „kleinere Fahrzeuge wie Viehanhänger mit Rat und Tat zur Verfügung.“ Letztere übrigens erfreuen sich laut Schimmelfeder weiterhin einer stabilen Nachfrage. Und damit bilden sie eine Marktnische, in der Fortuna Fahrzeugbau, als nach eigenen Angaben einziger namhafter deutscher industrieller Hersteller von Viehtransportern für den Schlepperkundenbereich, erfolgreich punkten kann. Der meistverkaufte Fahrzeugtyp aus dem Hause Fortuna ist aber der FTD 140 Tandem-Dreiseitenkipper, der mit 15 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht laut Schimmelfeder quasi eine Alleinstellung am Markt hat. Einer regen Nachfrage erfreuen sich auch die Dreiseitenkipper, für die Fortuna eine spezielle selbstöffnende und -schließende Heckklappe anbietet. Letztere wurde – übrigens genauso wie die konische Kippbrücke, die das Entladen von Schüttgütern erleichtert – bereits Anfang der 80er Jahre von Fortuna-Ingenieuren entwickelt – Nur zwei Beispiele, die die Innovationskraft des mittelständischen Ochtruper Unternehmens eindrucksvoll belegen.
Vertrieb neu strukturiert
Seit der Trennung von seinem langjährigen Zentralhändler vor fünf Jahren hat Fortuna den Vertrieb der Produkte neu organisiert und neue Exklusiv-Partnerschaften mit Landmaschinenfachhändlern aufgebaut. Insbesondere im näheren Einzugsbereich, also im Münsterland und im angrenzenden Niedersachsen, hat der Hersteller seither erfolgreich am Fortuna-Vertriebsnetz geknüpft. „In den südlichen und den neuen Bundesländern steckt der Vertrieb allerdings noch in den Kinderschuhen. Bei Anfragen aus diesem Raum gehen wir daher natürlich auch direkt an den Kunden,“ räumt Udo Schimmelfeder ein. Dennoch sollen auch hier bestehende Kontakte weiter vertieft und neue Vertriebspartnerschaften aufgebaut werden. Bernd Schwartbeck: „Wir brauchen kompetente und zuverlässige Partner, mit denen wir langfristig zusammenarbeiten können.“ Nach seinen Angaben konzentriert sich das mittelständische Unternehmen auf den nationalen Markt. Zwar hat Fortuna auch im Ausland – insbesondere in der Schweiz, in Kroatien und Lettland – langjährige Händler. Dennoch ist der Exportanteil relativ gering. Eine weitere Steigerung des Exportvolumens würde allerdings die Produktionskapazität zu sehr belasten. Schwartbeck: „Um weitere Exportmärkte und auch dazu gewonnene Händler bedienen zu können, steht langfristig der Kapazitätsausbau im Vordergrund.“ Eine weitere Steigerung der Produktionskapazität wird aber, wie auch in der Vergangenheit, gemäß der nachhaltigen Unternehmensstrategie geschehen. „Wir setzen immer einen Fuß vor den anderen. Denn ein Stolpern dient weder unseren 90 Mitarbeitern, noch unseren Handelspartnern“, erklärt Bernd Schwartbeck pragmatisch.
Quelle: Eilbote No.36/2012 - Annette Schulze Ising
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Alte Maate 16
48607 Ochtrup
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